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05.07.2011
Verfahrensrecht

FG Baden-Württemberg: Ablaufhemmung nach unbefristetem Antrag auf Hinausschieben der Außenprüfung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben. Ein Antrag auf befristetes Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung führt zu einer Ablaufhemmung. Die Finanzbehörde hat die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags zu beginnen, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern will (BFH-Urteil vom 17.03.2010). Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn der Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben enthält. Ist die Finanzbehörde faktisch daran gehindert, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne aufzunehmen, endet die Festsetzungsfrist erst zwei Jahre nach Wegfall des Hinderungsgrundes.
BFH, Urteil vom 01.02.2012, I R 18/11, siehe Deloitte Tax-News

Sachverhalt

Die Klägerin hat ihre Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1994 jeweils in den Folgejahren eingereicht. Ende 1996 erließ das Finanzamt eine Prüfungsanordnung für die Jahre 1991 bis 1994. Im selben Jahr beantragte die Klägerin, die Prüfung zu verschieben. Wegen mehrerer mit den Streitjahren in sachlichem Zusammenhang stehenden Rechtsbehelfen zu Vorjahren begann die Außenprüfung erst im Jahr 2000 und dauerte bis 2001. Die Klägerin wandte sich gegen die im Jahr 2004 erlassenen Änderungsbescheide mit der Begründung, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat im Jahr 1996 einen wirksamen unbefristeten Antrag auf Hinausschieben der Prüfung gestellt. Jedoch ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.03.2010) die Ablaufhemmung Ende 1998 rückwirkend wieder entfallen, weil das Finanzamt nicht innerhalb der vom BFH geforderten Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschiebung des Prüfungsbeginns mit der Außenprüfung begonnen hat.

Ist eine Steuererklärung abzugeben, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde (§ 170 Abs. 2 AO). Stellt der Steuerpflichtige einen Antrag auf Hinausschieben der Außenprüfung, tritt Ablaufhemmung ein (§ 171 Abs. 4 S. 1 2. Alt. AO). Dabei ist maßgeblich, in wessen Sphäre der Grund für das tatsächliche Unterbleiben einer Außenprüfung liegt. Bei einem unbefristet gestellten Antrag kommt es für den Eintritt der Ablaufhemmung nicht darauf an, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Gründe nunmehr gleichfalls ursächlich für das Hinausschieben des Beginns einer Außenprüfung sein könnten. Dies gilt insbesondere für in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Umstände, die nach Antragstellung neu entstanden sind (BFH-Urteil vom 17.03.2010).

Der BFH hat in seinem Urteil vom 17.03.2010 entschieden, dass nach Eingang eines Antrags, der zum Eintritt der Ablaufhemmung geführt hat, die Behörde nicht unbegrenzt Zeit habe, mit der Außenprüfung zu beginnen. Vielmehr habe die Behörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns bei der Finanzbehörde zu beginnen, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern wolle. Der BFH stützt seine Auffassung auf einen allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 171 Abs. 8 S. 2 AO und nunmehr auch in § 171 Abs. 10 AO Ausdruck finde und der Finanzbehörde in Fällen des Wegfalls eines außerhalb ihrer Sphäre eingetretenen Hindernisses für ein weiteres Tätigwerden eine Zweijahresfrist einräume. Nach diesen Grundsätzen ist die Ablaufhemmung im Streitfall im Jahr 1998 rückwirkend wieder entfallen. Der unbefristet gestellte Antrag hat zwar den Ablauf der Festsetzungsfrist ab dem Tag des Antragseingangs bei der Finanzbehörde zunächst gehemmt, weil er für das Verschieben des Prüfungsbeginns kausal war. Jedoch entfällt auch in einem solchen Fall nach Auffassung des BFH die Ablaufhemmung nach Ablauf von zwei Jahren, weil das Finanzamt mit der Prüfung nicht begonnen hat. Weitere Anforderungen an den Wegfall der Ablaufhemmung hat der BFH im Urteil vom 17.03.2010 nicht aufgestellt. Der erkennende Senat versteht die Zweijahresfrist des BFH als starre Grenze. Entgegen der Auffassung des BMF gilt die Zweijahresfrist auch für unbefristete Anträge, da der BFH befristete und unbefristete Anträge gleichstellen wollte (BFH-Urteil vom 17.03.2010).

Betroffene Norm

§ 171 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 AO
Streitjahre 1991 bis 1994

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.02.2011, 3 K 3289/08, EFG 2011, S. 1037; BFH, Urteil vom BFH, Urteil vom 01.02.2012, I R 18/11, siehe Deloitte Tax-News

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 17.03.2010, IV R 54/07, BStBl II 2011 S. 7, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News 
BMF, Schreiben vom 21.12.2010, IV A 3 - S 0062/08/10007-09, BStBl I 2011, S. 2

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