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06.03.2024
Transfer Pricing

Pillar One - Amount B

Einordnung

Die OECD hat am 19.02.2024 den abschließenden Report zu „Amount B“ veröffentlicht. Zunächst war Amount B im Rahmen von Pillar 1 vorgesehen. Demnach sollten sehr große und sehr profitable Konzerne einen Teil ihres Gewinns in Marktstaaten und nicht im Stammhaus besteuern. Die Zuteilung auf die Marktstaaten sollte formelhaft erfolgen. Wenn in den Marktstaaten bereits ein Teil des Gewinns für einfache Vertrieb- und Marketing-Tätigkeiten versteuert wird, sollte dieser Betrag unter Pillar 1 nicht zusätzlich umverteilt und erneut besteuert werden, um eine Doppelerfassung in dem jeweiligen Marktstaat zu verhindern. Damit der für diese Logik benötigte Gewinn aus einfachen Vertriebs- und Marketing-Tätigkeiten einheitlich ermittelt wird, hat die OECD Amount B entwickelt. Hiernach soll zunächst festgelegt werden, welche Tätigkeiten einfache (die OECD spricht von „baseline“) Vertriebs- und Marketingaktivitäten sind und im Anschluss, welcher Betrag der Höhe nach diesen Aktivitäten zuzumessen ist.

Die Entwicklungen um Pillar 1 waren zuletzt ins Stocken geraten. Gleichwohl hat die OECD die Idee entwickelt, die Ausarbeitungen zur Vergütung von einfachen Vertriebs- und Marketingaktivitäten weitreichender, außerhalb von Pillar 1 und losgelöst von der Unternehmensgröße, anzuwenden. Vor diesem Hintergrund hat sie am 19.02.2024 einen „Amount B“ Report veröffentlicht, der in Zukunft eine Anlage der OECD-Verrechnungspreisleitlinien wird. Amount B sieht Folgendes vor: Zunächst wird definiert, welche Vertriebs- und Marketing-Aktivitäten unter Amount B fallen („Scoping“). In einem zweiten Schritt wird eine typisierte (fremdübliche) Rendite für die Aktivität festgelegt.

Umsetzung in nationales Recht

Die Umsetzung in nationales Recht steht den Staaten frei. Sie können entscheiden, ob sie Amount B nicht, nur als Safe-Harbour oder verpflichtend in nationales Recht übernehmen. Amount B entwickelt darüber hinaus keine Bindungswirkung für den Staat des Transaktionspartners. In Verständigungsverfahren kann sich nicht auf Amount B berufen werden. Ein Beispiel soll dies illustrieren: Angenommen Staat 1 entscheidet sich, Amount B nicht umzusetzen und in Staat 2 ist die Umsetzung verpflichtend. Wenn nun angenommen wird, dass eine Vertriebsaktivität in Staat 2 unter Amount B fällt und die fremdübliche Umsatzrendite mit 5% taxiert wird, entfaltet dieser Wert keine Bindungswirkung für Staat 1. Wenn in Staat 1 z. B. eine Datenbank basierte Benchmarkstudie mit einer Interquartilsbandbreite von 2% bis 4% erstellt wird, liegen zunächst zwei Auffassungen vor, die eine Doppelbesteuerung auslösen. Diese sollte im Rahmen eines Verständigungsverfahrens aufgelöst werden. Die OECD sieht lediglich bei „low capacity Jurisdictions“ vor, dass sich der korrespondierende Staat verpflichtet, die Anwendung von Amount B zu akzeptieren. Angenommen Staat 2 wäre eine „low capacity Jurisdiction“, dann soll Staat 1 somit die 5% grundsätzlich akzeptieren. Die OECD plant im März eine Liste der low capacity Jurisdictions vorzulegen. Ebenso soll der „Verpflichtungsmechanismus“ für die Bindung der korrespondierenden Staaten erarbeitet werden.

Scoping

Unter den Anwendungsbereich fallen Vertriebsaktivitäten (Großhandel) als Eigenhändler, Kommissionär oder Handelsvertreter im B2B-Bereich. Ausgenommen sind der Vertrieb von „commodities“ und von „intangibles“ sowie die Erbringung von Dienstleistungen. Voraussetzung ist, dass die Transaktion mit einer einseitigen Methode (i.d.R. TNMM) analysiert werden kann. Darüber hinaus müssen Aktivitäten, die nicht unter Amount B fallen (z. B. Produktion und Entwicklung) abgrenzbar sein und die operativen Kosten (OPEX) der Vertriebseinheit müssen zwischen 3% und 20%/30% des Nettoumsatzes der Gesellschaft liegen. Welche Vertriebsaktivitäten genau als „Baseline“-Vertrieb zu klassifizieren sind, listet die OECD nicht abschließend auf. Jedoch sollen solche Aktivitäten erfasst werden, die zum „Kern einer Vertriebsfunktion“ gehören. Die OECD erwähnt in diesem Zusammenhang folgende Aktivitäten: Einkauf von Waren zum Weiterverkauf, die Identifizierung neuer Kunden und die Verwaltung von Kundenbeziehungen, bestimmte After-Sales-Services, die Durchführung von Werbe- und Marketingaktivitäten, die Lagerung von Waren, die Bearbeitung von Bestellungen, die Durchführung von Logistiktätigkeiten, die Rechnungsstellung sowie Inkasso.

Renditeermittlung

Die Renditeermittlung ist dreigestuft vorgesehen. Zunächst hat die OECD eine Pricing-Matrix entwickelt mit standardisierten Umsatzrenditen. Hierzu hat sie eine Datenbank ausgewertet und fremdübliche Margen abgeleitet. Die Pricing Matrix berücksichtigt die Zuordnung zur Industrie. Grocery fällt z. B. in Gruppe 1, IT Hardware in Gruppe 2 und Medizintechnik in Gruppe 3. Daneben wird die Faktorintensität der lokalen Vertriebsaktivitäten (OAS: Asset-Intensität, OES: Expense-Intensität) berücksichtigt. In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob sich die aus dem ersten Schritt resultierenden Umsatzrenditen in einem akzeptablen Rahmen im Verhältnis zu den lokalen Kosten (OPEX) bewegen. In einem dritten Schritt sind für ausgewählte Länder Risikoanpassungen durchzuführen. Der Report liefert typisierte Daten für akzeptable Kostenrenditen (für Schritt 2) und für landesbezogene Risikoanpassungsfaktoren (für Schritt 3).

Die folgende Tabelle zeigt die von der OECD auf Grundlage eines globalen Datensatzes ermittelte Pricing Matrix. 

Praxisempfehlungen

Basierend auf unserer Auswertung des Reports empfehlen wir die folgenden Aspekte zu beachten:

  • Die Abgrenzung einzelner Begriffe ist noch sehr unscharf. Dies betrifft Kernelemente des Scoping wie die Frage, welche Vertriebsaktivitäten erfasst sind. Fraglich ist, ob nur ein sehr knappes Funktions- und Risikoprofil analog zu einem Großhändler mit vornehmlich Logistikfunktion und Zahlungsabwicklung abgedeckt ist oder ein deutlich breiteres Vertriebsprofil einschließlich intensiven Kundenbeziehungen erfasst wird. Hierzu sollten die weitere Kommentierung und nationale Umsetzungen abgewartet werden. Ebenfalls ist es ratsam, eine Rechtsauffassung zu entwickeln.
  • Die nationale Umsetzung einschließlich der Liste der low capacity Jurisdictions sollte verfolgt werden. Es ist zu erwarten, dass sich viele Staaten in den nächsten Wochen bzw. wenigen Monaten positionieren.
  • Auch wenn ein Staat Amount B nicht umsetzt, ist nicht auszuschließen, dass die eingeführten Umsatzrenditen in Betriebsprüfungen als Referenzwerte benutzt werden. Mithin kann ein Vergleich der Konzernrenditen nebst der verfügbaren Benchmarkingbandbreiten mit den Amount B Renditen hilfreich sein.
  • Es können doppelte Verteidigungsstrategien nötig werden, wenn nur eines von zwei Ländern einer Transaktion die Regelungen implementiert.
  • Große operative Herausforderungen stellen die sehr engen Margenkorridore dar (lediglich +/- 0.5% breit). Mit dieser Präzision treffen aktuell nicht viele Konzerne ihre Margenziele. Professionelle OTP-Prozesse und Tools können helfen. Dies betrifft auch die nötigen Vorarbeiten (Ermittlung OAS und OES, sowie Verprobung mit den Kostenrenditen).
  • Es ist denkbar, dass die quantitativen Größen (OAE und OES), die bisher nicht oder kaum in der Benchmarkpraxis Anwendung finden, in Zukunft auch losgelöst von Amount B berücksichtigt werden. Hier empfiehlt sich eine Verprobung.

Auch wenn dem Amount B Benchmark-Ansatz keine Deutungshoheit zukommt, ist nicht auszuschließen, dass das methodische Vorgehen künftig durch Betriebsprüfer gefordert oder zumindest angedacht wird. Insofern kann ein Vergleich zwischen dem gewähltem Benchmark-Ansatz und dem OECD Benchmark-Ansatz ratsam sein.

Fundstelle

OECD Amount B: Pillar One - Amount B - Inclusive Framework on BEPS

Ihr Ansprechpartner

Björn Heidecke

bheidecke@deloitte.de
Tel.: 49-40-320804953

Markus Kircher

mkircher@deloitte.de
Tel.: 49-69-756957011

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