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16.09.2013
Unternehmensteuer

BFH: Maßstäbe der Fremdüblichkeit im Zusammenhang mit dem Halbabzugsverbot

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, unterliegen nicht dem Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG), sondern sind in vollem Umfang abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten. Bei einem Verzicht bzw. einer Minderung der vertraglich vereinbarten Pachtzahlungen kann eine Fremdüblichkeit gegeben sein, wenn die Pachtverzichte bzw. die Entgeltminderung auf relativ kurze Zeiträume befristet sind. In Sanierungsfällen ist nicht die gleichmäßige Beteiligung aller Gesellschafter, sondern die Fremdüblichkeit der Sanierungshandlung desjenigen Gläubigers, der zugleich Gesellschafter ist, maßgebend.

Sachverhalt

Der Kläger verpachtete zwei Grundstücke an eine GmbH, an der er beteiligt war. Die Grundstücksüberlassung erfolgte im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. In den Streitjahren 2002 bis 2003 wurden die Pachtzahlungen an den Kläger aufgrund der schlechten Ertragssituation der GmbH reduziert und zeitweise auch ganz ausgesetzt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Nutzungsüberlassung sei als teilweise unentgeltlich anzusehen. Damit falle der im Besitzunternehmen entstandene Grundstücksaufwand hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Nutzungsüberlassung unter das teilweise Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Während der Kläger vortrug, die Reduzierung des Entgelts bzw. der Verzicht sei fremdüblich gewesen, folgte das FG dieser Auffassung nicht.

Entscheidung

Die Fremdüblichkeit des im Streitfall ausgesprochenen, lediglich vorübergehenden Pachtverzichts kann nicht mit den vom FG angestellten Erwägungen verneint werden.

Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, dürfen unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden (§ 3c Abs. 2 S. 1 HS 1 EStG).

Der BFH hat in mehreren Urteilen (BFH-Urteile vom 28.02.2013, IV R 49/11 und IV R 4/11, BFH-Urteile vom 18.04.2012, X R 5/10 und X R 7/10) folgende Leitlinien zur Behandlung laufender Aufwendungen auf Wirtschaftsgüter, die einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zur Nutzung überlassen werden, aufgestellt:

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen – und daher nicht fremdüblichen – Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG. Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen, die unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar seien. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Das FG verneint ein Handeln des Klägers in Sanierungsabsicht und damit die Fremdüblichkeit des Pachtverzichts mit der Begründung, nur er, nicht aber die Minderheitsgesellschafterin, habe einen Sanierungsbeitrag geleistet. Indes ist in Sanierungsfällen nicht die gleichmäßige Beteiligung aller Gesellschafter, sondern die Fremdüblichkeit der Sanierungshandlung desjenigen Gläubigers, der zugleich Gesellschafter ist, maßgebend (BFH-Urteil vom 28.02.2013, IV R 49/11). 

Darüber hinaus lag im Streitfall die Höhe des vertraglich vereinbarten Pachtzinses so erheblich über den anfallenden Aufwendungen, dass der Kläger nicht nur in der Vergangenheit beachtliche Überschüsse aus der Verpachtung erzielen konnte, sondern selbst in den von Pachtverzichten geprägten Streitjahren jeweils noch nennenswerte Überschüsse aus der Verpachtung erwirtschaftete. Ob diese Überschüsse auch im Fall einer Kündigung des Pachtverhältnisses und der Suche nach einem neuen Pächter hätten erzielt werden können, dürfte zumindest zweifelhaft sein, zumal das FG für die Folgejahre keine weiteren Pachtausfälle festgestellt hat. Zudem waren die Entgeltminderung (acht Monate) bzw. die Pachtverzichte (vier bzw. drei Monate) auf relativ kurze Zeiträume befristet. Nach Auslaufen dieser Sondervereinbarungen hat die GmbH sogleich wieder den vollen vereinbarten Betrag entrichtet. Ergänzend kann zu berücksichtigen sein, ob auch fremde Vertragspartner der Betriebs-Kapitalgesellschaft während deren Liquiditätskrise auf Forderungen bzw. vertragliche Ansprüche endgültig verzichtet haben.

Betroffene Norm
§ 3c Abs. 2 EStG
Streitjahre 2002 und 2003

Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 23.03.2011, 7 K 2793/07 E, EFG 2011, S. 1135

Fundstelle
BFH, Urteil vom 17.07.2013, X R 17/11

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 28.02.2013, IV R 49/11, BFHE 240, S. 333, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 28.02.2013, IV R 4/11, BFH/NV 2013, S. 1081
BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 5/10, BFHE 237, S. 106, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 7/10, BFHE 237, S. 119, siehe Deloitte Tax-News

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