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09.11.2012
Unternehmensteuer

FG Baden-Württemberg: Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft

Die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft kann zum Buchwert und damit ohne Realisierung stiller Reserven erfolgen (entgegen BFH-Urteil vom 25.11.2009).

Sachverhalt
Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.08.2001 veräußerte die X GmbH & Co. KG Grundstücke an die beteiligungsidentische U GmbH & Co. KG (Schwesterpersonengesellschaft) zum Buchwert. In der Folgezeit - mit Verschmelzungsvertrag vom 27.08.2001 und Wirkung zum 01.01.2001 - übertrug die X GmbH & Co. KG ihr Vermögen unter Auflösung ohne Abwicklung auf die Y-GmbH, die sich gleichzeitig in die Z-GmbH (Klägerin) umfirmierte.

Im Rahmen einer für das Streitjahr 2001 durchgeführten Außenprüfung wurde die Auffassung vertreten, dass die Übertragung der Grundstücke zum Buchwert im Rahmen des § 6 Abs. 5 EStG nicht möglich sei, da diese Regelung eine Buchwertfortführung zwischen Personengesellschaften nicht vorsehe. Die Übertragung hätte vielmehr zu einer Aufdeckung der stillen Reserven geführt, die der X GmbH & Co. KG zuzurechnen wären. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung und änderte die betroffenen Feststellungsbescheide für 2001.

Streitig ist die steuerliche Zurechnung der - durch die am 24.08.2001 erfolgte Veräußerung der Grundstücke durch die X-GmbH & Co. KG an die U GmbH & Co. KG - aufgedeckten stillen Reserven und die Aufdeckung der stillen Reserven als solche.

Entscheidung
Die Klage ist begründet. Durch die streitigen Geschäftsvorfälle ist keine Realisierung stiller Reserven eingetreten.

Nach § 20 Abs. 7 UmwStG (in der für das Streitjahr 2001 geltenden Fassung) sind auf Antrag das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Alle Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum (im Streitfall vom 01.01.2001 bis 27.08.2001) werden steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet. Daraus folgt, dass der Veräußerungsvorgang vom 24.08.2001 in den Rückbeziehungszeitraum fällt und ertragsteuerlich der Z-GmbH zuzurechnen ist.

Der Auffassung des Finanzamts, dass die Übertragung der Grundstücke nicht der Z-GmbH zuzurechnen sei, weil sie rückwirkend zum 01.01.2001 erfolgt ist und die Rückwirkungsfiktion nach § 20 Abs. 7 UmwStG lediglich für den Zeitraum nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag, d.h. nach dem 01.01.2001, gilt, ist nicht zu folgen. Der Verschmelzungsvertrag vom 27.08.2001 bestimmt, dass die Vermögensübernahme mit Wirkung „zu Beginn des 01.01.2001“ erfolgt, so dass auch die Geschäftsvorfälle am 01.01.2001 in den Rückbeziehungszeitraum fallen.

Das Finanzamt vertritt zudem die Auffassung, dass die Übertragung der Grundstücke von der X-GmbH & Co. KG auf die beteiligungsidentische U GmbH & Co. KG nicht zum Buchwert erfolgen konnte und bezieht sich auf das BFH-Urteil vom 25.11.2009 . Danach sei seit Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes vom 20.12.2001 eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaften zum Buchwert nicht mehr möglich.

Das FG folgt dieser Auffassung nicht und verweist auf die Ausführungen im BFH-Beschluss vom 15.04.2010, wonach die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamhandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwestergesellschaft nicht zwangsläufig zu einer Aufdeckung stiller Reserven führen müsse. In dem Beschluss vom 15.04.2010 begründet der IV. Senat des BFH seine vom I. Senat des BFH (Urteil vom 25.11.2009) abweichende Auffassung damit, dass keine Rechtfertigung ersichtlich sei, den Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften anders zu behandeln als den in § 6 Abs. 5 S. 1 EStG ausdrücklich in Übereinstimmung mit dem Steuersubjektprinzip geregelten Fall, dass ein Steuerpflichtiger Wirtschaftgüter zwischen zwei ihm zuzurechnenden Betriebsvermögen verschiebt. Die ansonsten in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG ausdrücklich geregelten Fälle, in denen die Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zu Buchwerten unter Übergang von stillen Reserven auf andere Gesellschafter möglich sind, stellten demgegenüber systemwidrige Transfers dar, die aber zur Erleichterung von notwendigen Umstrukturierungen nötig seien.

Die Revision ist wegen des Abweichens vom BFH-Urteil vom 25.11.2009 zur Revision zugelassen.

Betroffene Norm
§ 6 Abs. 5 EStG, § 20 Abs. 7 UmwStG 2001
Streitjahr 2001

Anmerkungen 
Gemäß BMF-Schreiben vom 29.10.2010 führt die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zur Aufdeckung stiller Reserven. Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 15.04.2010 ist allerdings auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Vom Ausgang des Revisionsverfahrens (I R 80/12) zu dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19.07.2012 macht die Finanzverwaltung die Anwendung des BFH-Urteils vom 02.08.2012, IV R 41/11 (siehe Deloitte Tax-News) abhängig (BMF, Schreiben vom 12.09.2013, siehe Deloitte Tax-News). Der BFH hatte in diesem Urteil entschieden, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral übertragen kann, obwohl er ein ihm allein gehörendes und von der Gesellschaft genutztes Grundstück (funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens) zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite Personengesellschaft überträgt.

Zwischenzeitlich hat der BFH mit Beschluss vom 10.04.2013 im Verfahren I R 80/12 entschieden, dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob der – auch im vorliegenden Fall relevante – § 6 Abs. 5 S. 3 EStG wegen der fehlenden Möglichkeit einer Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig ist, siehe Deloitte Tax-News.

Fundstelle
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2012, 13 K 1988/09; BFH-anhängig: I R 80/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 2010 S. 471, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 15.04.2010, IV B 105/09, BStBl II 2010 S. 971, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 29.10.2010 , IV C 6 - S-2241 / 10 / 10002, BStBl I 2010, S. 1206

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